Dies ist der 2. Abschnitt der
Tansania-Trilogie in der wir nach dem
Gleitschirmfliegen
in den Usambara-Bergen eine Woche am Kilimajaro waren.
(Tip zur Seiten-Navigation)
Uns schwebte hierfür eine anspruchsvolle Route
an der Breach Wall vor, mit Eis & Fels.
Je nach Bedingungen
wollten wir entscheiden, was wirklich geht.
Leider kann ich hier nicht von Erfolgen berichten, denn nicfhts von dem was
ich vorhatte hat
geklappt - ziemlich enttäuschend. Eigentlich hatte alles recht gut angefangen:
Ich mache ja sonst alle Touren komplett selbstorganisiert.
Weil man im Kilimanjaro-Nationalpark aber nicht ohne Guides und Träger unterwegs
sein darf
(und es wird mehr als streng kontrolliert, auch unterwegs immer wieder) haben
wir uns eine
Tour-Company gesucht, die uns auch ein gutes Team vermittelten. Der Guide,
Shasha (
www.umojasafaristanzania.com )
hat seine Gruppe aus Trägern & Koch gut zusammengestellt, und er selbst kann
wirklich
wärmstens empfohlen werden: Er ist kompetent, spricht gut Englisch und ist ein sehr
vertrauenswürdiger Kerl.
Für unsere Pläne bot sich die Umbwe-Route an, die
recht
schnell in nur 1.5 Tagen zum Barranco-Camp aufsteigt, wo man dann schon alles
sieht,
was einen als Kletterer interessiert.
Zuerst wird man per Jeep an die Grenze des Nationalparks gebracht, dort geht
es dann los, durch den grünen Regenwald. Vom Umbwe-Gate ausgehend haben wir mit 4 Trägern das
Material über 2 Camps bis an
unser letztes Camp direkt am Eis beim Wandfuss gebracht. Technisch war das alles
so leicht, wie es sich hier liest.
Leider mussten wir festellen, dass es organisatorisch deutlich schwieriger ist:
Die Park Regulations existieren nämlich nicht nur auf dem Papier, sondern sie
werden sehr, sehr ernst genommen. Nach diesen Regeln darf kein Kunde einen
Schritt ohne Begleitung durch einen Guide machen. Die Guides dürfen aber nur
auf den festgelegten Routen unterwegs sein. Dadurch ist das eigentliche Klettern
im Park illegal. Wir haben uns dann mit unserem Guide auf eine Lösung geeinigt,
das wir ihm einen fairen Betrag zahlen, falls er wegen uns sein Permit (=sein
Lebensunterhalt!) verliert. Der Guide war von unserem Plan, diese schwere Route
zu klettern angetan, sobald er sie sah, und unterstützte uns dabei, trotz des
Risikos für ihn. Das Vorbeiten des High-Camps ging so noch einigermassen gut im Verborgenen,
aber die Gerüchteküche
bei den vielen Porters ist natürlich schnell am Kochen. Seile, Eisgeräte, etc
hätten wir besser von Anfang an nur eingepackt mitnehmen sollen.
Am 2. Tag kamen wir aus dem Regenwald und sahen schon den Gipfel des Kili vor uns strahlen:
Was wir sahen, war besser als erhofft: Die Tour die wir eigentlich vorhatten
war die Messner-Route, auf den Bildern ist es die etwas grauere Eissäule links: Erstbegehung 1974, bis Heute
nur eine Wiederholung.
Diese Route ging zwar nicht mehr (zuwenig Eis, zuviel Steinschlag die ganze
Nacht über), aber dafuer
bot sich uns eine noch schönere, noch elegantere und noch schwerere Tour an,
die bis jetzt noch nicht begangen
wurde:
Die Eissäule rechts: 120m weisses Eis, vertikal und schlank. Das wäre die
schwerste Tour, die
je
am Kili und überhaupt in Afrika geklettert wurde, aber durchaus realistisch,
weil ich praktisch keine Probleme mit der Höhenanpassung habe und mich im senkrechten Eis so wohl fühle wie kaum sonst wo
;-)
Der Fels ist dort übrigens katastrophal: Ich habe noch nirgends so
sicherungsfeindliches Gelände
gesehen wie dort: Entweder der Fels ist einigermassen kompakt, dann hat er keine
Risse wo man etwas
zum Sichern unterbringen könnte, und wenn man wo Risse findet, bröselt einem auch
sofort grossräumig
alles entgegen (Die Unterschiede kommen durch die verschiedenen Lavaschichten, aber
wir haben keine
'gut kletterbare' Schicht gefunden). Die Haken, Friends und Keile konnten wir so
auf ein Minimum
reduzieren, dafür hätte man sich noch ein paar Eisschrauben mehr gewünscht -
egal, gibts halt kürzere Seillängen.
Also haben wir uns auf diese Route eingestelllt: Ich war gut akklimatisiert, bin Tags
höher gegangen,
Nachts
tiefer
geschlafen, wir haben die Zustiegslängen im Eis (auch bis 90Grad) schon mal zum
einklettern gemacht
um die hiesigen Eisbedingungen kennenzulernen und ich fühlte mich einfach
nur
gut dabei: Bestes
Wasserfall-Eis, nicht zu spröde gut absicherbar, wie zu Hause, keine Ueberraschungen.
Bilder:
- Blechhütte am Mweka-Camp: hier hausen die Park-Guards
- Zelt: Dies war unser High-Camp direkt unter dem Eis-Aufschwung bei 4800m
- Eis: Dies ist der erste Aufschwung, mit einer senkrechten Stelle von ca.
15m
- Guide: Dies ist Shasha mit seinem Bruder Ben: eine gute Empfehlung!
Der einzige Schatten, der sich andeutete waren die Akklimatisationsprobleme meines Kletterpartners:
Der hatte
zunehmends Kopfweh und Schwindel, teils sogar Sehprobleme :-(
Als wir dann am 5.Tag nachts um zwei Uhr losgehen
wollten,
waren ideale Bedingungen: Wir waren
schon im letzten Camp auf 4500m, hatten vollen
Mondschein
auf dem Zustieg, es war wolkenlos
aber nicht zu kalt, Wasser & Essen waren genug
bereitgelegt, die Porter und Koch hatten wir
schon zum Abstiegsweg geschickt,
einer
von ihnen würde das Zelt und die Schlafsäcke holen:
Der perfekte Tag mit den perfekten Bedingungen und der perfekten Organisation.
Aber all das
nutzte nichts: Der Zustand meines Kletterpartners wurde immer schlechter und er wollte das
Risiko nicht
eingehen,
unterwegs umdrehen zu müssen :-( Rückblickend sicher die
vernünftigste Entscheidung in diesem Moment, denn er hatte wohl noch
Nachwirkungen von
einer Blutvergiftung Anfang des Jahres, die sich in der Höhe so massiv auswirkten.
Ihm blieb
nur noch der rasche Abstieg.
All die Tage Vorbereitung, all die Materialschlepperei und teures
Übergepäck, die 750 Dollar
für Park & Porters, all der Stress mit dem Guide, weil man dort nicht
klettern dürfe,
sondern nur trekken, .... alles umsonst :-((
Naja, nachdem ich 3 Mal geschluckt hatte musste ich einsehen dass man da nichts
mehr machen konnte, und die Route viel zu schwer war, um sie Solo zu versuchen.
Also widmete ich mich meinem Backup-Plan: Der Flug vom Kili.
Leider gab es wohl mal eine Zeit, wo viele Leute meinten, die erste Befahrung
des Kili mit GeländeMotorrad, Mountainbike, Snowboard oder auch nur den ersten
Golfballabschlag, undwasweisichnichtalles machen zu müssen. Also wurde vor 10
Jahren einfach mal generell alles, ausser dem Wandern mit Guide
verboten. Wärend das beim Downhillbiking wegen der Erosion der Lavahänge evtl.
noch Sinn macht, richtet das Gleitschirmfliegen ab dem Gipfel ja wirklich keinen
Schaden an. Auch Flora und Fauna, die man stören könnte gibt es auf dieser Höhe
nicht mehr.
Nun ist es natürlich immer fraglich, ob man sich einfach auch an sinnlose
Gesetze hält. Meine
Meinung: Wenn ich keinen Schaden anrichte, einen Ort so verlasse wie ich ihn
vorfand, und weder Tier noch Mensch dadurch störe, kann ich das vor mir
Verantworten.
Das letzte Mal hat es wohl jemand vor 2 Jahren gewagt und musste ziemlich viel
Strafe
bezahlen, 3000 Dollar. Weil der aber im Park gelandet ist, war mein Plan,
ganz
raus zu Fliegen, aus dem Zugriff der Park-Rangers. Mit unserem Guide habe ich
vorher geredet: Er war auch schnell begeistert von der Idee, und meinte, dass
ich es probieren solle. Für den Fall dass er dadurch seine
Guide-License verlieren sollte, hat er mir vorgeschlagen, dass ich ihm zahle,
was es ihn kostet, sie wieder zubekommen: Seine Schätzung klang moderat: In
Afrika ist nichts unmöglich... ;-)
Einen Tag später wollte ich, zusammen mit den anderen Gruppen um 11 Uhr
Nachts loslaufen.
Leider setzte pünktlich um diese Zeit heftiger Schneefall ein. Die anderen
gingen trotzdem los.
Um 1 Uhr nahm der Schneefall ab und ich ging mit meinem Gleitschirm im Rucksack los.
Zu meinem erstaunen holte ich die schnaufenden und japsenden Gruppen bald ein, und war
trotz allem als erster,
noch vor Sonnenaufgang am Uhuru Peak, dem höchsten Punkt Afrikas.
Bilder:
- Vor Sonnenaufgang am Uhuru-Peak: Die Gesichter sagen alles ;-)
- Die Gletscher liegen auf dem Gipfelplateau auf wie künstlich hingelegt.
- Der Sonnenaufgang über dem Mawenzi: Eine Ezplosion der Farben.
In der kompletten Dunkelheit war an einen Start noch nicht zu denken.
Um überhaupt etwas zu sehen musste ich noch warten. Dann kamen
auch schon bald
die ersten Gruppen mit ihren Guides. Die Guides waren sehr neugierig, was in
meinem
Rucksack war, und liessen mich nicht aus den Augen. Sobald ich ein paar Meter
weg wollte,
liefen mir 3 von ihnen hinterher. Ich hab sie dann irgendwann mit einem Trick abgehängt.
Das Problem war jetzt nur, das der Wind aus der Richtung kam, die für alle
einsehbar war. Schliesslich hab
ichs dann
auf der vom Weg nicht einsehbaren, windabgewandten Seite, ein Stück unter Grat
probiert.
Auf 5800 meter ist die Luft jedoch so dünn, dass sich ohne Wind praktisch kein
Druck im Schirm aufbaut. Nach rennen, rennen, rennen, wollte die Kappe nicht mal
richtig über mich kommen - keine Chance. Nach einem 2. ebenso erfolglosen
Versuch bei leichtem Wind von vorn wurde klar: Es geht so nicht. Die langsam
aufziehende Wolkenschicht überzeugte mich davon, dass es auch keinen Sinn mehr
macht, darauf zu warten, dass die letzten Leute die Luvseite verlassen.
Die Konsequenz: 4400m Abstieg am Stück mit dem schweren Rucksack :-((((
Was meine Knie am Abend dazu sagten kann man sich denken, die offenen Blasen am Fuss
erinnerten
mich daran, dass ich dieses Jahr vom Bergsteiger zum Flieger-Weichei mutiert bin
...
7 schmerzliche Stunden lang hatte ich Zeit, mich doch lieber in die Wolken zu
wünschen,
statt auf den harten Boden der Tatsachen... Wenigstens war der Abstieg über die
Mweka-
Route von der Natur her sehr schön.
So war der Kili-Trip ein Doppel-Flop und ich hab mich ziemlich geärgert beim
runterlaufen. Schon komisch
mit zerknirschter Miene all den Leuten zu begegnen, die einen begeistert fragen:
"Did you make it to the top?
Oh yes, congratulations!"
Naja, ich kann damit leben, auch wenn ich mich nicht mit dem Gedanken
trösten kann, dass die Tour
ja noch da ist: Den Stress mit den Park-Regulations, tagelanger Zustieg,
Kosten, ... tu ich mir nicht
nochmal an, zumal die Säule selten in so einem grandiosen Zustand ist. Es ist
eine Schande, dass die Afrikaner, die sonst immer alles so locker nehmen, dann
hier alles so tot-regeln, und keiner auch nur einen Schritt von
diesen Regeln abweicht,
die mal festgelegt wurden. Eine offizielle Ausnahmegenehmigung in diesem Land zu bekommen
ist wohl eher ein
Ding der Unmöglichkeit (oder viel viel Geld und Geduld?). Naja, jetzt ist erstmal Regenzeit (ich bin schon im
Schneefall auf den Gipfel gestiegen) und damit eh für die nächsten Monate alles vorbei da unten....
Fazit
Die Tour auf den Kili lohnt sich für ambitionierte Trekker, aber nicht für
Kletterer, die sich den Stress des (potentiellen) Konflikts mit dem Gesetz nicht
antun wollen. Die Naturerlebnisse sind grandios, und von den Guides und Trägern
war fast jeder begeistert.
Tips
- Zur Organisation gibt es nicht viel zu beachten: Das meiste erledigt
die Tourgesellschaft. Sie organisiert Guide, Träger und Jeep-Transfer.
Der Guide organisiert das Permit, das Essen, Gas, etc.
Tour-Gesellschaftten gibt es wie Sand am Meer.
Edit: Shasha hat 2010 seine eigene Tourgesellschaft
gegründet:
http://www.umojasafaristanzania.com Ich denke er wird sie so gut
leiten wie er unsere Tour organisiert hat.
- Das Problem mit den Tourgesellschaften ist, dass sie sehr unter
Konkurrenzdruck stehen, und deshalb die Tour dem suchenden und
vergleichenden Kunden
möglichst günstig anbieten wollen. An den sehr hohen Gebühren für den
Nationalpark lässt sich nichts drehen. Also wird meist
am Gehalt der Guides und der Träger gespart (Das Essen ist eigentlich bei allen
ähnlich)
Das Personal ist dementsprechend unglücklich über die niedrige
Bezahlung und hofft darauf, dass wenigstens das Trinkgeld entsprechend
hoch ausfällt. Mit den 10% die üblicherweise in den Büchern
vorgeschlagen werden sind sie eher nicht glücklich - das sollte man also
schon beim buchen einplanen. Und das Geld, dass man den Trägern gibt,
kommt sicher an die richtige Stelle und verschafft nicht irgendwelchen
Firmenbesitzer einen zweit-Mercedes ;-)
- Die Guides & Träger haben zwar meist Material für ihren
persönlichen Bedarf, das einigermassen tauglich ist, aber sie freuen
sich sehr, wenn man ihnen nach dem Trip diverse Ausrüstungsgegenstände
überlässt, weil naturelich alles irgendwann verschleisst. Dazu nimmt
man evtl nicht seine erste Garde an Ausrüstung mit, sondern die
älteren Sachen, die man nicht mehr unbedingt braucht.
Nach alledem hatte ich den starken Wunsch, möglichst stressfrei auf einer
warmen Insel
an einem einsamen Strand zu sitzen. Und weil Tansania so vielfältig ist, ist
das auch kein
grösseres Problem: Schon am nächsten Morgen sass ich im Bus, und noch am Abend
stand ich zum Sonnenuntergang am Strand von Sansibar!
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